Spätestens seit der BDEF-Marktanalyse 2007 wissen wir, dass Modellbahner „Epochen-Denker“ sind. Fast 70 % aller Modellbahner entscheiden sich für eine bestimmte Epoche und halten sich beim Bau ihrer Anlage dann auch daran. Doch das war nicht immer so. Noch 1985 waren es laut einer Umfrage der MIBA gerade mal 48,5 %, die sich beim Bau einer Anlage oder beim Sammeln von Modellen Gedanken über eine Epoche machten.
Doch woher kommen überhaupt die Epochen? Wer entschied wann welche Epoche beginnt oder aufhört?
Es gibt in Deutschland zwei unterschiedliche Epochen-Systeme:
1. Epochen nach NEM (Normen europäischer Modellbahnen)
Bereits um 1971 wurde vom Eisenbahnhistoriker und Modellbauer Günter Barthel die Entwicklung der Eisenbahn in Epochen eingeteilt und definiert. Später erfolgte eine Feingliederung. Schon vor 1989 haben sich zahlreiche westdeutsche Verlage und Modelleisenbahnhersteller dieser Epochen bemächtigt, ohne allerdings je den Urheber zu benennen. Dies soll hier unbedingt nachgeholt werden. Kein anderer als Günter Barthel war es, der eine solche Einteilung vornahm als auch den Begriff „Epoche“ selbst prägte! 1978 erschien dann im EM ein Aufsatz eines gewissen Bertram Steffen, der bereits in groben Zügen das jetzige NEM-Schema darstellte. Liliput war damals einer der ersten Hersteller, der auf den Zug aufsprang und diese Epochen übernahm. MOROP folgte dann erst 1985 mit der ersten Epochen-Norm, die auf dem Schema von Barthel und Steffen aufbaute.
Die einzelnen Epochen sind wiederum in Perioden untergliedert. Außerdem wurden hier individuell für viele europäische Ländern vergleichbare Epochen definiert.
Die generelle Epochendefinition (Epoche I bis VI) und die individuellen landesspezifischen Epocheneinteilungen sind unter NEM 800 und folgende abrufbar.
Die Normenblätter sind teilweise auch in anderen Sprachen verfügbar. Siehe Modellbahnnormen.de.
2. Epochen nach der Deutschen Bundesbahn (heute: Verkehrswerkstatt Berlin)
Im Jahre 1985 wurde von Dipl. Ing. Horst Weigelt (damaliger Präsident der Bundesbahndirektion Nürnberg) in der Fachschrift „Epochen der Eisenbahngeschichte“ die Geschichte der Eisenbahn in Deutschland in Epochen gegliedert. Sozusagen wurden also ganz offiziell die Epochen damals von der DB festgelegt. Dabei wurden die wesentlichen Stadien der historischen Entwicklung skizziert, wobei der Blick auf die ökonomische Basis, insbesondere die Besitzverhältnisse gerichtet ist. Diese Gliederung unterscheidet sich teilweise deutlich von der Epocheneinteilung der NEM. Der 1985 im DB Museum in Nürnberg eingereichtete Epochensaal wurde exakt nach diesen Kriterien errichtet. Mittlerweile gibt es diesen Epochensaal in dieser Form nicht mehr, da nun die Bahn nicht mehr nach Epochen „denkt“ sondern die Ausstellung nach allgemeingültigen Zensuren gegliedert hat. Die Epocheneinteilung der DB übernahm aber Prof. Gerhard Duismann von der Verkehrswerkstatt Berlin, der dieses System dann 1992 um die Epoche der Deutschen Bahn AG erweiterte.
Ein Vergleich der beiden Epochen-Systeme zeigt:
Während bei NEM die Epoche I. den verhältnismäßig langen Zeitraum von 1835 bis 1920 umfasst, wird dieser Zeitraum beim Vorbild in drei Epochen gegliedert. Die erste Epoche umfasst den Zeitraum vor 1840, also den Zeitraum der bei NEM überhaupt keine Rolle spielt, da hier der Beginn der Epoche I mit der ersten Fahrt des Adlers 1835 definiert wird. NEM unterteilt jede Epoche außerdem nochmals in kleinere Zeitabschnitte, die Perioden. Die Periode A der Epoche I – oft auch in der Literatur mit Epoche 0 bezeichnet – umfasst den Zeitraum von 1835 bis 1875 und entspricht damit also bereits der Epoche II des Vorbildes. Weitere Unterschiede lassen sich auf einen Blick beim Vergleich der beiden Systeme entlang der Zeitachse erkennen.
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es im Internet weitere Epochen-Systeme gibt, die aber willkürliche Einteilungen darstellen und mit den beiden anerkannten Systemen nichts zu tun haben. Diese findet man hier und hier.
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